Das deutsche Prosaexempel war im Spätmittelalter relativ weit verbreitet und vielseitig einsetzbar. Diese Monografie stellt diesen Texttyp zum ersten Mal ins Zentrum einer umfassenden Untersuchung, wobei ausgehend von einer einzelnen Handschrift mit einem sehr umfangreichen Exempelkorpus – Berlin, SBB-PK, Ms. germ. fol. 863 – unterschiedliche Zugänge vorgestellt und fruchtbar gemacht werden. Das deutsche Prosaexempel wird als literarischer Text präsentiert, dessen Variabilität keineswegs allein durch Mündlichkeit erklärt werden kann, sondern in den Kontext einer spätmittelalterlichen Schreib- und Lesekultur gehört. Die Herkunft der Handschrift aus dem Straßburger Reuerinnenkloster St. Maria Magdalena ermöglicht nicht nur die Berücksichtigung eines konkreten Produktions- und Rezeptionskontextes für das untersuchte Korpus, sondern erlaubt auch vertiefte Einblicke in die literarische und religiöse Kultur in Straßburg in den 1430er Jahren. Ein Repertorium mit Zusatzinformationen zu den über 600 Texten in Ms. germ. fol. 863 stellt einen umfangreichen Materialfundus bereit.