Gewalt erscheint in der öffentlichen Wahrnehmung fast immer als etwas Fremdes, das überraschend in eine friedlich-zivilisierte Welt einbricht – gerade wenn es um School Shootings geht. Während die Medien psychopathische TäterInnen, zerrüttete Familienstrukturen und soziale Randgruppen in den Mittelpunkt rücken, lenkt die Psychoanalyse die Aufmerksamkeit auf die Allgegenwart von Gewaltfantasien und mörderischen Impulsen, die in der Entwicklung des Individuums eine prominente Rolle spielen. Unter bestimmten psychosozialen Bedingungen können die zuvor sozialverträglich gehemmten Impulse, nachträglich umgeformt, erneut hervorbrechen – bei männlichen Jugendlichen insbesondere in Form von physischer Gewalt.

Kritische Gesellschaftstheorien betonen, dass die kapitalistische Vergesellschaftung auf Gewalt beruht und familiäre wie schulische Sozialisationsprozesse von gewaltförmigen Macht- und Herrschaftsverhältnissen durchzogen sind. Es ist daher eine zentrale Annahme der psychoanalytischen Sozialpsychologie, dass die gesellschaftliche Normalität »Normalungetüme« (Adorno) gebiert, die in Krisenzeiten auch zu offener Gewalt fähig sind, wie sie sich in School Shootings zeigt.

Mit Beiträgen von Markus Brunner, Götz Eisenberg, Benjamin Faust, Christine Kirchhoff, Jan Lohl, Nadja Meisterhans, Rolf Pohl, Sebastian Winter und Achim Würker