Seit in der antiken Dichtung Timon von Athen die ersten Flüche gegen die Mitmenschen ausstieß, bevölkern Menschenfeinde und Menschenhasser die literarischen Werke aller Epochen. Während der Misanthrop – häufig im Glauben an die eigene Unfehlbarkeit – in den Menschen sittenlose Ungeheuer erblickt, denen er mit Hass begegnet und durch Flucht zu entkommen sucht, gilt er im Gegenlicht als Narr oder als Verrückter, den es entweder zu heilen oder aus der menschlichen Gemeinschaft auszuschließen gilt. Besonders im 18. Jahrhundert, das die Menschenliebe zu einer von der Vernunft gelenkten Pflicht erhebt und mit Optimismus Aufklärung betreiben möchte, verlieren sich viele literarische Gestalten im defizitären Zustand der Welt. Mehr noch: Dieser fordert ein antisoziales, ein misanthropisches Verhalten heraus, durch das sie aufbegehren und gegen die von der Gesellschaft gesetzten Grenzen stoßen. Die vorliegende Arbeit deckt diese spannungsreiche Wirkungskraft, die das Phänomen Misanthropie in der Konfrontation mit den Ambitionen der Aufklärung entfaltet, auf, indem sie an verschiedenen Werken des 18. Jahrhunderts (u.a. von Marmontel, Wieland, Swift, Wezel und Jean Paul) zeigt, wie der in der Kritik der Aufklärung stehende Menschenfeind allmählich zum Kritiker derselben wird und sich paradoxerweise wandelt von einer lächerlichen Gestalt zum rebellischen Kämpfer für Menschlichkeit und Gerechtigkeit.