„Das Merkmal des Kunstwerks ist seine Lebendigkeit – nicht seine Zeitgemäßheit“. Martin Mosebach harrt, und ihn umkreist die Zeit. Seine ästhetischen Refl exionen begreifen das Kunstwerk als geschichtlich gewachsenen Organismus, nicht als totes Artefakt. Entgegen der herrschenden Formlosigkeit stellt Mosebach mit der klassischen römischen Liturgie ein „Überkunstwerk“ heraus, in dem Form und Inhalt einander vollkommen durchdringen. Über Christus, der wie ein Künstler den Alltag zu höherer Bedeutung gewandelt hat, rücken liturgisches und künstlerisches Handeln eng zusammen. Der fl eischgewordene Logos, verkörpert durch die göttliche Realpräsenz im Messopfer, birgt die anamnetische Gewissheit, dass (sprachlichen) Zeichen substantielle Bedeutsamkeit, eine transzendierende Kraft innewohnt. – Das vorliegende Buch verfolgt die reich verzweigten Zusammenhänge zwischen dem essayistischen und dem erzählerischen Werk Martin Mosebachs. Dichtung wird als ‚realistische‘ Lichtschreibung, eine buchstäbliche Umdeutung ‚naturalistischer‘ Fotografi e verstanden. Im Zentrum des zweiten Teils steht die Novelle Der Mond und das Mädchen, ein tragikomisches bürgerliches Passionsspiel, das die heilsgeschichtliche Opferthematik im literarischen Schattenkleid eines modernen Kleinfamiliendramas (mit Bezügen zu Goethe, Ibsen, Hofmannsthal u. a.) wiederfindet.