Die Oasenstadt Ghadames liegt auf der libyschen Seite des Dreiländerecks Algerien, Tunesien und Libyen. Die aktuelle Bevölkerung beläuft sich auf etwa 10.000 Bewohner, von denen nicht alle zur indigenen Bevölkerung der Oase gehören. Traditionell fußt das Wirtschaftsleben auf Dattelanbau und transsaharischem Fernhandel. Die Altstadt von Ghadames – mit seinen teilweise überbauten oder von einem Mattengeflecht bedeckten Gassen seit 1986 als UNESCO-Welterbe anerkannt–, wird heutzutage von ihren Bewohnern mehr und mehr zugunsten moderner Wohnhäuser in benachbarten Stadtvierteln verlassen.

Die herkömmliche Sprache der Oase zählt zu den Berbersprachen und wurde bislang von zwei Forschern untersucht. Der erste war Adolphe de Calassanti Motylinski, dessen Studie „Le dialecte berbere de R’edames” 1904 veröffentlicht wurde. Der zweite sich ernsthaft mit dem Ghadames-Berber auseinandersetzende Forscher war Jacques Lanfry der „Weißen Väter”. Während seines Aufenthaltes von 1944–1945 sammelte er beträchtliches Material, das er in den 1960er Jahren zu veröffentlichen begann. Seit Lanfrys Werk liegen keine weiteren linguistischen Arbeiten zum Ghadames-Berber vor, und alle sich auf diese Sprache beziehenden Studien basieren auf den genannten Quellen.

Ghadames stellt eine eigenständige Variante der Berbersprachen dar, die anderen Wegen gefolgt ist als die übrigen Angehörigen dieser Sprachfamilie. Sowohl auf phonologischer als auch morphologischer Ebene lassen sich einige einzigartige und ungewöhnliche Merkmale finden, und obwohl ein Großteil der Syntax generellen berbersprachigen Mustern folgt, treten auch hier auffällige Charakteristika auf. Der Wortschatz des Ghadames unterliegt einem relativ geringen Einfluss des Arabischen; so liegt der Anteil arabischer Lehnwörter in überlieferten Erzählungen bei 18%, wohingegen sie in vergleichbaren Sprachen wie Tashelhiyt und Figuig doppelt so hoch ist. Zudem gibt es eine Anzahl von erkennbaren Lehnwörtern aus dem Tuareg und Hausa.

Trotz der Wichtigkeit von Lanfrys Material hat die Sprache von Ghadames bei Weitem noch nicht die ihr gebührende Stellung innerhalb der Berber-Studien erlangt. Dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Schriften Lanfrys einerseits schwer erhältlich und andererseits seine Aufzeichnungen für einen oberflächlichen Leser schwer zu interpretieren sind. Darüber hinaus liefert Lanfry zwar eine detaillierte Beschreibung der Verbalmorphologie, vernachlässigt aber andere Bereiche, wie den der Syntax, erheblich. Aus diesen Gründen entschied sich der Autor die nun vorliegende Kurzgrammatik, basierend auf Lanfrys Material, vorzulegen.

Vom selben Autor wurden in dieser Schriftenreihe die folgenden Werke und Beiträge zu Sammelbänden von uns veröffentlicht:

„A Grammar of Ayer Tuareg (Niger)”, ISBN 978-3-89645-930-5.
„Berber Loanwords in Hausa”, ISBN 978-3-89645-391-4.
„Berberstudien & A Sketch of Siwi Berber (Egypt)”, ISBN 978-3-89645-389-1.
„Essai sur la phonologie du proto-berbère”, ISBN 978-3-89645-035-7.

„Aspects of Co- and Subordination – Case Studies from African, Slavonic, and Turkic Languages”, ISBN 978-3-89645-888-9.
„Études berbères (I) – Actes du ' 1. Bayreuth-Frankfurter Kolloquium zur Berberologie ', Bayreuth, 2–3 juillet 2000”, ISBN 978-3-89645-015-9.
„Nouvelles études berbères (II) – Le verbe et autres articles. Actes du ' 2. Bayreuth-Frankfurter Kolloquium zur Berberologie ', Francfort-sur-le-Main, 11–13 juillet 2002, ISBN 978-3-89645-387-7.
„Études berbères III – Le nom, le pronom et autres articles. Actes du ' 3. Bayreuth-Frankfurter Kolloquium zur Berberologie ', Bayreuth, 1-3 juillet 2004, ISBN 978-3-.89645-393-8.
„Études berbères V – Essais sur des variations dialectales et autres articles. Actes du ' 5. Bayreuth-Frankfurt-Leidener Kolloquium zur Berberologie ', Leiden, 8–11 octobre 2008”, ISBN 978-3-89645-928-2.
' Parcours berbères ' – Mélanges offerts à Paulette Galand-Pernet et Lionel Galand pour leur 90e anniversaire, ISBN 978-3-89645-933-6.