Das Gesamtwerk des Politischen Philosophen Leo Strauss (1899–1973) durchzieht die immerwährende Grundspannung des »theologisch-politischen Problems«. Aus diesem leitet er die Notwendigkeit einer rhetorischen Strategie ab, die im Medium Schrift zwischen einer exoterischen Oberfläche und einem esoterischen Kern unterscheidet. Diese »Kunst des Zwischen-den-Zeilen-Schreibens« stellt die Hermeneutik vor die schwierigsten Probleme.

Mit Strauss' hermeneutischer Methode, die keine Methode sein möchte, mit ihren grundlegenden Prämissen sowie mit den aus ihr resultierenden Problemen und Konstellationen befasst sich das Werk von Ulrike Weichert. Dabei steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, inwiefern die hermeneutische Herangehensweise von Leo Strauss politisch ist. Dass das politische Element dabei keinesfalls durch eine interessierte Instrumentalisierung von Philosophie und Politik motiviert ist, aber auch nicht allein in der notwendigen Rhetorisierung der Philosophie aus politischen Gründen liegt, wird in dieser Interpretation von Strauss' Œuvre gezeigt: es erweist sich als sowohl inhaltlich als auch formal »politisch«. Ebenso wird die Frage nach einer ›hermeneutischen Politik‹ aufgegriffen – als einer (un)möglichen Verbindung zwischen philosophischen Texten und politischer Praxis.