Den Namen Hugo von Hofmannsthal verbindet man unwillkürlich mit dem Begriff der Sprachkritik und liest sein Werk fast durchweg unter der Prämisse der Sprachkrise. Diesem einseitigen Deutungsparadigma setzt die vorliegende Studie einen neuen und differenzierten Blick auf das Werk Hofmannsthals entgegen. Aus den sprachreflexiven Texten des Autors wird zunächst die Konzeption einer sinnlichen Sprache der Präsenz, die jenseits von Abbildlichkeit und Repräsentation zu verorten ist, herausgearbeitet. Hierbei wird vorgeschlagen, Hofmannsthals Sprachkritik unter den Vorzeichen einer Dominanz der Schriftkultur zu lesen und sie daher als eine Schriftkritik zu verstehen. Unter diesem Blickwinkel lässt sich auch Hofmannsthals theoretische und literarische Auseinandersetzung mit der Kunstform des Tanzes, die im Zentrum des zweiten Teils der Studie steht, als eine Fortsetzung – nicht jedoch wie häufig geschehen als eine Gegenkonzeption – seiner schriftkritischen Reflexionen verstehen, die hier in das tanzästhetische Modell einer ‚reinen Gebärde‘ münden. Beruhend auf einer sehr genauen Lektüre und mit zahlreichen Bezügen zu zeitgenössischen wissenschaftlichen Diskursen (vor allem der Ethnologie, Anthropologie, Psychologie etc.) ist dem Verfasser gelungen, Hofmannsthals semiologische und produktionsästhetische Überlegungen in größere kultur-, ideen- und fachgeschichtliche Zusammenhänge einzuordnen.