Bei der Entscheidungsbegründung handelt es sich um eine rechtshistorisch junge Errungenschaft des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Erst in dieser Zeit schrieben Gesetze im deutschsprachigen Raum eine schriftliche Begründung gegenüber den Parteien vor. Clara Günzl rekonstruiert die Normengeschichte der Begründungspflicht, Reformvorschläge und heute fast vergessene Alternativen. In exegetischer Textauslegung untersucht sie zudem die damalige wissenschaftliche Reflexion und zeigt auf, dass die Einführung einer Begründungspflicht mit zentralen Fragen der Justizgeschichte verknüpft war, etwa nach der Öffentlichkeit des Verfahrens, nach der Reichweite der Rechtskraft von Urteilen und nach dem Stellenwert von Wissenschaft und Praxis. So entsteht ein vielschichtiges Bild einer heutigen Selbstverständlichkeit, die auf einen verzweigten und langwierigen Wandlungsprozess zurückgeht.