Als im März 1885 in Berlin der angesehene Maler und Professor an der Königlich Preußischen Akademie der Künste, Gustav Graef, verhaftet wurde, war dies ein Schock. Man warf ihm vor, mit seinem langjährigen Künstlermodell, Bertha Rother, ein sexuelles Verhältnis unterhalten und darüber vor Gericht gelogen zu haben. Ein halbes Jahr saßen der Künstler, die junge Frau, ihre Schwester und ihre Mutter in Haft, bevor sie Ende September 1885 vor Gericht gestellt und freigesprochen wurden. Der Prozess, von zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften beobachtet und kommentiert, wurde zum Skandal weit über Berlin hinaus. Mit einer dichten Beschreibung dieses Falles gibt Dagmar Reese Einblicke in die sich modernisierende Gesellschaft in der deutschen Hauptstadt am Ende des 19. Jahrhunderts.