Die Epistolarkultur um 1900 ist bislang kaum erforscht worden – obwohl Autoren wie Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke immens viele Briefe verfasst haben, deren Poetizität an Prosagedichte heranreicht.Die Studie fragt nach der produktiven kulturpoetischen Funktion dieser Briefe. Analog zum Jugendstil in der Bildenden Kunst und Architektur fungieren sie als Formen der »Gebrauchskunst«, die auf die umfassende Modernisierung reagieren. Infrage steht die Konstruktion einer Text- und Lebenswelt, die nur als ästhetische zu ertragen ist. In genauen Einzelanalysen geraten Versuche literarischer Kreisbildung und Experimente »ästhetischer Erziehung« ebenso in den Blick wie die Ökonomie des Briefs und – im Kontext einer Kulturpoetik des (Innen-) Raums um 1900 – Konzepte des »epistolaren Interieurs«.