Um das südöstliche Europa wird in der Historiographiegeschichte zur Frühen Neuzeit üblicherweise ein großer Bogen gemacht – in diesem Raum fehlen vermeintlich alle kulturellen Faktoren, die für den intellektuellen Aufschwung der Epoche als verantwortlich gelten. In bezeichnender Weise korrespondiert diese Auffassung mit einem verbreiteten defizitären Bild der osmanischen Epoche als stagnierende und kulturarme Periode.

In kritischem Dialog mit beiden Positionen legt Konrad Petrovszky die bislang erste systematisch und sprachenübergreifend angelegte Untersuchung der orthodoxen Geschichtsschreibung im osmanischen Europa des 16. und 17. Jahrhunderts vor und schlägt damit ein kaum bekanntes Kapitel der europäischen Kulturgeschichte auf. Über einen rein ideengeschichtlichen Zugang hinaus wird Geschichtsschreibung als gelehrte Praxis verstanden, deren Wandel sich allein unter Berücksichtigung der sozial- und kommunikationsgeschichtlichen Rahmenbedingungen des Schreibens nachvollziehen lässt. So zeichnet die Untersuchung das komplexe Bild einer beharrlichen, an mittelalterlich-byzantinischen Modellen ausgerichteten und zugleich im langsamen Wandel begriffenen, sich regional und inhaltlich allmählich diversifizierenden Historiographie.