Staub in Tierställen besteht bis zu 90% aus organischen Bestandteilen (Bioaerosole) und ist Träger für Endotoxine, Mikroorganismen, Gase und verschiedene andere biologisch aktive Substanzen wie Hautzellen und Kotpartikel (Aengst, 1984; Donham, 1989). Eine anhaltende Exposition mit Bioaerosolen kann bei Menschen und bei aufgestallten Tieren u.a. Infektionen, allergische und verschiedene entzündliche Reaktionen sowie Lungenfunktionsbeeinträchtigungen hervorrufen (Douwes et al., 2003).
Ursache primär nicht-infektiöser und nicht-allergischer entzündlicher Reaktionen sind proinflammatorisch aktive Substanzen, wie z.B. Endotoxine, Glucane und Lipoteichonsäuren. Dabei stellen Endotoxine qualitativ und quantitativ die stärkste proinflammatorische Komponente in organischen Stäuben aus Tierställen dar (Holt, 1990; Rylander, 1994; Becker et al., 2002; Becker et al., 2005; Zucker et al., 2006; Eckardt, 2008). Endotoxine werden in der Arbeitsmedizin u.a. für das Organic Dust Toxic Syndrome ursächlich verantwortlich gemacht, eine Beteiligung an der chronischen Bronchitis wird vermutet (Radon et al., 2004; Singh und Schwartz, 2005; Radon, 2006; Schierl et al., 2007). Weiterhin ist bekannt, dass verschiedene Atemwegserkrankungen, welche wie z.B. das allergische Asthma, nicht durch Endotoxine bedingt sind, durch das Einatmen von endotoxinhaltigen Stäuben einen komplizierteren klinischen Verlauf nehmen können (Bergmann et Müsken, 1994; Eckardt, 2008). Im Bereich der Veterinärmedizin wird eine Beteiligung von Endotoxinen an verschiedenen infektiösen Faktorenkrankheiten des Respirationstraktes (z.B. atrophische Rhinitis der Schweine) vermutet (Baekbo, 1990; Elbers, 1991; Hamilton et al., 1993; Dutkiewicz et al., 1994; Seedorf und Hartung, 2000).
Zur Charakterisierung der entzündungsauslösenden Eigenschaften von Bioaerosolen aus Tierställen werden insbesondere der Nachweis von Endotoxinen mittels eines Limulus- Amöbozyten-Lysat (LAL)-Test aber auch ein humaner Vollbluttest zum Nachweis von proinflammatorisch aktiven Stoffen genutzt (Zucker et al., 2004; Kindinger et al., 2005; Liebers et al., 2008). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der LAL-Test auf den Nachweis von Endotoxinen beschränkt ist, der Vollbluttest aber alle proinflammatorisch aktiven Stoffe, neben Endotoxinen beispielsweise auch Glucane und Tannine, mit erfasst. Verschiedene Studien haben in diesem Zusammenhang gezeigt, dass die endotoxische Aktivität (bestimmt im LAL-Test) und die proinflammatorische Aktivität (bestimmt im Vollbluttest) in der einatembaren Staubfraktion von Tierställen signifikant miteinander korrelieren (Zucker, 2004; Zucker et al., 2006; Eckardt, 2008). In der vorliegenden Arbeit sollte daher auch untersucht werden, wie sich diese beiden Parameter in weiteren Staubfraktionen (alveolengängige Staubfraktion, PM 10-Staubfraktion, PM 1,0-Staubfraktion) zueinander verhalten.
Neben den verschiedenen biologisch aktiven Stoffen solcher Bioaerosole spielt die Partikelgröße bei der Beurteilung der vom Aerosol ausgehenden Gesundheitsgefährdung eine entscheidende Rolle. Durch die Partikelgröße (aerodynamischer Durchmesser) wird der Ort der Ablagerung im Atmungstrakt bestimmt (Hatch, 1961; Heyder et al., 1986; Becker et al., 2003; Heyder, 2004). Aus diesem Grunde sollte in den vorliegenden Untersuchungen die proinflammatorische und endotoxische Aktivität von Bioaerosolproben aus Tierställen ebenfalls in Abhängigkeit ihres aerodynamischen Durchmessers bestimmt werden. Von besonderem Interesse war hier die Frage, ob sich evtl. die endotoxische bzw. proinflammatorische Aktivität in einem spezifischen Partikelgrößenbereich, z.B. in der alveolengängigen oder PM1,0-Staubfraktion, besonders stark anreichert.