Die romanische Literatur der Frühen Neuzeit ist reich an inszenierten Gesprächen, die als Argumentationsmodus in Erscheinung treten: Gesprächsfiktionen, die nicht vornehmlich der Vermittlung einer Handlung dienen, sondern zur Form der Erörterung von Sachfragen überindividueller Reichweite werden. Trifft dies insbesondere auf Texte der Gattung Dialog zu, so werden auch in anderen Genres Gespräche gestaltet, in denen der Text zur Bühne wird für die Vermittlung von Wissen, die Diskussion von Standpunkten oder die Selbstdarstellungen von Gruppen und Einzelnen. Die Konjunktur solcherart argumentierender oder expositorischer Dialoge scheint auf eine Wirklichkeit hinzudeuten, in der schwindende Gewissheiten und porös gewordene gesellschaftlich-politische wie kulturelle Traditionen und Normen in vielen Lebensbereichen das Erfordernis und die Chance neuer Verständigung mit sich bringen.
Der vorliegende Band nimmt sich dieses facettenreichen Phänomens in elf Fallstudien an und erörtert Verfahren und Ziele literarischer Dialoge vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, wobei die komparatistische Perspektivierung der drei wirkmächtigsten Literaturen der Romania zugleich exemplarisch die Möglichkeiten des romanistischen Fachdialogs auslotet.