In der Erziehungswissenschaft sind bislang kaum Anstrengungen
unternommen worden, den Begriff der Komplexität zu klären sowie
Erziehung und Bildung komplexitätstheoretisch zu erforschen. In der
vorliegenden Arbeit wird dieses Forschungsdesiderat bearbeitet, indem
der Begriff der Komplexität auf den bildungstheoretischen Diskurs appliziert
wird. Diese Applikation führt zu einem erstaunlichen Ergebnis. Es
kann gezeigt werden, dass Komplexität für die Erziehungswissenschaft
– anders als es zunächst erscheinen mag – nicht etwas Unbekanntes
ist, sondern – im Gegenteil – dass Bildungstheoretiker bereits mit einem
impliziten Begriff von Komplexität operieren. Dieser Einsicht folgend
werden Bildungstheoretiker verschiedenen Datums und unterschiedlicher
theoretischer Provenienz als Akteure innerhalb eines Projektes begriffen,
nämlich Bildung als ein in die Zukunft hinein offenes und ungewisses,
weder plan- noch steuerbares Wechselspiel von Komponenten zu
bestimmen. In diesem Sinne eröffnet der Begriff der Komplexität die
Möglichkeit, Bildungstheorien entlang von Parametern der Komplexität zu
systematisieren und dabei auf bislang kaum erkannte Gemeinsamkeiten
sowie Anschlussmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Umgekehrt kann
gezeigt werden, dass Bildungstheorien für den transdisziplinären Forschungszusammenhang
der Komplexitätswissenschaften reichhaltiges
Material bereitstellen.