Seit der graduellen Auflösung der Einheit von Musik und Dichtung, eingeleitet unter anderem durch die technische Errungenschaft des Buchdrucks, wenden sich Literaten immer wieder der Tonkunst zu – als Gestaltungsinstrumentarium, als thematischer Fundus, als Quelle der Inspiration. Auch Wolfgang Hildesheimer (1916–1991) reiht sich mit Tynset und Masante in eine solche musikpoetische Traditionslinie ein, die von William Shakespeare über Stéphane Mallarmé bis Peter Weber reicht. Die vorliegende Arbeit liefert durch die Verknüpfung der Intermedialitäts-und Selbstreflexivitätsforschung neue Antworten auf die Frage, auf welche Art und Weise das metaphorische Ausweichen in die Nachbarkunst erlaubt, literarästhetische Problemstellungen auszuloten. Sie beleuchtet zudem am konkreten Fallbeispiel, welches zusätzliche Ausdruckspotenzial Musik bei der Auseinandersetzung des Schriftstellers mit dem Thema Erzählen nach Auschwitz und mit der Krisenerfahrung der Moderne bereitstellt. Ziel der Studie ist dabei nicht zuletzt, Hildesheimers Stellenwert sowohl für den akademischen Diskurs der gegenseitigen Befruchtung der Künste als auch den der dichterischen Trauerarbeit hervorzuheben.