In den Erinnerungen älterer Greifswalder lebt Gerhardt Katsch (1887-1961) als international anerkannter Hochschullehrer und Internist, Mitbegründer der Diabetologie in Deutschland, Parlamentär bei der kampflosen Übergabe der Stadt an die aus Anklam vorrückende Rote Armee (1945) und nicht zuletzt als Jubiläumsrektor bei der 500-Jahr-Feier der Universität (1956). Wenig bekannt ist bisher, dass er in der Zeit des Naziregimes einen über Jahre andauernden Behauptungskampf wegen seiner vermuteten jüdischen Abstammung führen musste. Das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933" wurde bei seinen Oberärzten Privatdozent Heinrich Lauber, Prof. Alfred Lublin und Prof. Victor van der Reis mit dem sogenannten Arierparagrafen ("Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, sind in den Ruhestand (§§ 8 ff.) zu versetzen.") die formale Grundlage zum Entzug der Lehrbefugnis. Damit wurden Juden oder vermutete Juden erst aus dem öffentlichen Dienst, später schrittweise aus dem gesamten öffentlichen Leben ausgeschlossen. In der universitären Praxis mussten die Beamten den Diensteid auf den Führer leisten und den Ariernachweis erbringen. Im Kontext dieser Vorgänge an der Klinik sind einige Dokumente und Überlieferungen erhalten geblieben, die auch Gerhardt Katsch selbst betreffen. Bei bisherigen Arbeiten konnte die Vermutung, ob er nun wirklich jüdische Vorfahren hatte, mangels unzureichender Belege nicht vollständig geklärt werden. Bei der Nachzeichnung der Familiengeschichte wurde der Nachweis erbracht, dass sein Großvater mütterlicherseits, Ferdinand Beutner, als Jude geboren wurde. Wir sind folgerichtig der Frage nachgegangen, wie Katsch es bei einer solchen Belastung geschafft hat, bis zum Ende der Naziherrschaft im Amt zu bleiben und seine fachliche Karriere zielstrebig fortzusetzen.