Hinrich, dem ein »e« zum eleganteren Heinrich fehlt, erhält einen Brief mit schwarzem Rand – wer kann da gestorben sein? Er hat nur vage Vermutungen und scheut sich, den Brief zu öffnen; ihn bewegt schon genug seit dem Ausscheiden bei einer großen Zeitung, dort einmal zuständig für Regionalkultur. Die Tage und Nächte gehören jetzt ihm und der Frage, warum sich Irene, seine Frau, vor Jahren das Leben genommen hat. Und mit jedem neuen Warum kommen die Erinnerungen: an Irene, die Übersetzerin italienischer Literatur, etwa die Gedichte Pasolinis, an die Sommer in Italien, an Orte wie Rom oder Pompeji, und nicht zuletzt an Irene als Mutter seiner nun erwachsenen Tochter Naomi. Deren Sohn Malte hilft Hinrich gerade durchs Abitur, und sein Enkel überredet ihn zu einem Abenteuer: Sie lösen ein Konto in der Schweiz auf und schaffen das Schwarzgeld über die Grenze – Geld, das Hinrich auf keinen Fall behalten will und das ihn nach Polen reisen lässt, zu jemandem, der es gebrauchen kann. In Warschau aber holt ihn sowohl das Leben mit Irene als auch die Zeit mit einer früheren Geliebten auf eine Weise ein, die alles auf den Kopf stellt, woran er geglaubt hat.
»Verlangen und Melancholie« ist eine Geschichte von Liebe und Verrat, in der mit wachsender Spannung unerbittlich die Frage nach dem Warum eines Freitods gestellt wird. Erst als mit der Antwort offenliegt, welches Leben sich der Mensch, den man am besten zu kennen glaubte, genommen hat, setzt das Verzeihen ein.