Diese Studie beschäftigt sich mit dem Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“, der zu den wirkmächtigsten Gesängen der deutschen Geschichte zählt. Von Martin Luther im 16. Jahrhundert als Glaubens- und Vertrauenslied gedichtet, erfuhr der Choral schon bald eine religionspolitische Aufladung. Bereits in der Frühen Neuzeit wurde er als konfessionelles Bekenntnis verstanden und entwickelte sich so zu einem „Identitätssignal des Protestantismus“. Seit dem frühen 19. Jahrhundert traten nationale und bellizistische Interpretationen hinzu, die im Ersten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichten.
Zunächst wird in der vorliegenden Untersuchung die Entwicklung nachgezeichnet, welche die propagandistische Verwendung des „Lutherliedes“ im Ersten Weltkrieg überhaupt erst ermöglicht hat. Wichtige Schlüsselereignisse sind in diesem Zusammenhang die antinapoleonischen Kriege und das Wartburgfest von 1817, die Errichtung des Wormser Lutherdenkmals 1868 sowie die Reichsgründung 1870/1871. Den Schwerpunkt bildet sodann der nationalreligiöse Gebrauch – und Missbrauch – des Chorals zwischen 1914 und 1918. Anhand zeitgenössischer Quellen wie Predigten, Erbauungsliteratur, Liedpostkarten und Lyrik wird den Leserinnen und Lesern die ideologische Indienstnahme des Kirchenliedes vor Augen geführt.
Der Band richtet sich an Historiker, Germanisten und Theologen sowie alle an der Kultur- und Religionsgeschichte Interessierten.