Als zerrissener Denker und gewissenlos Liebender ist Goethes Faust ein Begriff. Doch nur wenigen ist bewusst, welche vielfältigen Rollen der Gelehrte im zweiten Teil der Tragödie ausprobiert. In seiner Karriere vom Poeten über den Staatsmann und Feldherrn bis hin zum kapitalistischen Großunternehmer durchschreiten Faust und sein Alter ego Mephisto die große Welt, verschiedenste geschichtliche Räume und Zeiten – am Ende macht sich Faust die Machtmittel der technischen Moderne zu eigen und geht in seiner Gewinnsucht über Leichen. Mit geschärftem Blick liest Oskar Negt die Tragödie von den gesellschaftlichen Grundlagen her neu. Fausts „Karriere“ zeigt so den Identitätskampf eines modernen Menschen, der in einer Welt gesellschaftlicher Umbrüche denkt und handelt.