Die Themen dieses Bandes machen einerseits deutlich, wie eng Forschung und Lehre der lateinamerikanischen Germanistik mit den Arbeitsfeldern der gegenwärtigen Germanistik und Kulturwissenschaft in Deutschland verknüpft sind. Andererseits spiegelt die in diesem Band vorgenommene Systematisierung der Fragestellungen durch die Themenpaare Intermedialität und Alterität, Migration und Emigration eine aktuelle Entwicklung der germanistischen Literaturwissenschaft, die vor allem für die lateinamerikanische Germanistik an Bedeutung gewinnt. Das in Lateinamerika lange Zeit dominante Forschungsthema der Alterität wird durch die gegenwärtige Intermedialitätsforschung differenziert, die Identität und Alterität nicht mehr auf kulturelle Register zurückführt, sondern sie als Effekt medialer Konstruktionen betrachtet. In vergleichbarer Weise wird das in der lateinamerikanischen Germanistik favorisierte Thema der Emigration durch den Blick auf die Migrationsliteratur erweitert. Während die bisherige Beschäftigung mit Exilliteratur und Emigration häufig interkulturelle Begegnungen unter dem Blickwinkel des Kulturtransfers betrachtete, erfordert der Blick auf die gegenwärtige globale wie innereuropäische Migration die Ergänzung des Paradigmas des Transfers durch das der Transformation. Identität und Alterität entstehen in einer komplexen interkulturellen Interaktion, die zunehmend die Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Fremden aufhebt.