Das Phänomen mittelalterlicher Ergänzungen zu Epen der sog. höfischen Klassik um 1200 stellt die Literaturwissenschaft bis heute vor erhebliche Deutungs- und Bewertungsprobleme. Insbesondere in ihren methodisch spezifischen Aufgaben sind die Ergänzungen noch nicht bewältigt.

Die vorliegende Untersuchung faßt Ergänzungen als Zeugnisse produktiver Rezeption ihres Bezugstextes auf und entwickelt ein systematisches Analyseverfahren, das sowohl einem rezeptions- als auch kommunikations- sowie erzähltheoretischen Ansatz verpflichtet ist und sich an den mittelalterlichen Rezeptionsverhältnissen orientiert. Es ermöglicht, mittelalterliche Ergänzungen differenziert und wertneutral zu untersuchen, ihre historische Relevanz zu ermitteln und sie literarhistorisch neu einzuordnen. Exemplifiziert wird das Beschreibungsmodell am 'Willehalm' Wolframs von Eschenbach, seiner Vorgeschichte 'Arabel'' und seiner Fortsetzung 'Rennewart'.