Thomas Murners Buch 'Von dem grossen Lutherischen Narren'(1522) gehört zu den wichtigsten und schärfsten antireformatorischen und -lutherischen Satiren des frühen 16. Jahrhunderts. Mit Witz, derber Komik und vergnügter Bosheit tritt der unbequeme Franziskaner höchstselbst mit Katzenkopf auf, mit dem ihn seine Gegner in zahlreichen Pamphleten versehen hatten, und beschwört und bannt unter aberwitzigen Umständen die personifizierte Reformation. Martin Luther selbst stirbt zum Schluß ohne Sakramente und wird in einer Latrine beerdigt. Murner war gewiß selbst von der Notwendigkeit grundlegender Veränderungen in der Kirche überzeugt, der Reformation jedoch hat er sich konsequent verweigert. Aktueller gibt der gelehrte 'Reaktionär' sich freilich in seiner überbordenden satirischen und autosatirischen Ausrichtung von Text und Bild; v.a. aber durch seine Konfiguration enormer Sprachmächtigkeit im Konflikt mit einem poetologischen Abgrund, die der Satire ihre Spannung verleiht und sie gerade dadurch als einen Text der kommenden Moderne ausweist.

Der frühneuhochdeutsche Text wird in dieser Ausgabe in einer Neuedition mit einem neuen Kommentar und Nachwort sowie erstmals mit einer neuhochdeutschen Übersetzung zugänglich gemacht.