Warum sind unsere Erinnerungen so mächtig? Auf welche Weise bestimmen sie unser Selbstbild? Was geschieht, wenn wir zweifelnd unser „Ich“ im Spiegel der Erinnerungen suchen? Warum haben Lebensrückblicke eine ewige Konjunktur? Was fasziniert uns an fremden Erinnerungen? Was bewegt uns, Autobiografien zu lesen?
Das Schreiben von Autobiografien begreift Professor Karlheinz Jackstel als eine der ältesten tradierten Kulturtechniken der Selbstvergewisserung und der Selbstdarstellung. Er ist überzeugt davon, dass keine andere literarische Gattung eine derartig facettenreiche Vielfalt an Mustern und Motiven aufweist wie die Autobiografie. Für ihn sind sie ebenso Dokumentationen wie Widerspiegelungen lebenslanger Lern- und Suchprozesse.
Der Autor kann und will seinen erziehungswissenschaftlichen Hintergrund nicht verleugnen, aber sein Buch ist weder eine theoretische Abhandlung noch ein systematisierendes Lehrbuch. Es ist ein Buch, das, nun gegen Ende des eigenen Lebens, persönlichen Vorlieben Raum gibt. Es ist ein Buch der Spurensuche und der Begegnungen. Karlheinz Jackstel arbeitet nicht mit dem analytisch sezierenden Skalpell, sondern versucht, die Deutungshoheit über das eigene Leben zu respektieren und sich der Einzigartigkeit anderen Lebens mit den Antennen der Empathie zu nähern. Er versucht zu verstehen, statt zu werten.
So gleicht dieses Buch einer mäandrierenden Expedition durch fremde und uns doch oft so nahe Seelen- und Schicksalslandschaften, durch unterschiedliche Zeiten und geographische Räume, aber auch durch unser eigenes Bewusstsein. Es möchte so Lust machen auf das eigene Erinnern, auf den eigenen Lebensrückblick. Vielleicht kann es gar auf unterhaltsame und nachdenklich stimmende Weise ein Angebot unterbreiten, sich beim Lesen selbst in fremden Ich-Geschichten zu spiegeln und darin wiederzufinden.