Das große Tagebuchwerk von Harry Graf Kessler (1868-1937), dessen Gesamtausgabe jetzt nahezu abgeschlossen vorliegt, ist einmalig in der Beobachtung von Politik, Künsten und Gesellschaft zwischen 1880 und 1937, einmalig auch in der deutschen Literatur durch seine stilistische Prägnanz. Es war Gegenstand von drei internationalen Tagungen im deutsch-italienischen Begegnungszentrum Villa Vigoni am Comer See in den Sommern 2011-2013. Dieser Band versammelt eine Auswahl der dabei gehaltenen Vorträge in deutscher Sprache. Französische, italienische und deutsche Forscherinnen und Forscher aus Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Geschichte sowie der amerikanische Biograf des 'Roten Grafen' gehen dem uner-müdlichen Bestreben Kesslers nach, die Grenzen der europäischen Nationen für politische Verständigung und diplomatischen Austausch ebenso wie für die wechselseitige Rezeption der Moderne und ihrer Avantgarden in den bildenden, darstellenden und literarischen Künsten durchlässig zu machen. Die Beiträge stellen Kessler in den Zusammenhang der gegenwärtig aktuellen Rezeptions- und Transferforschungen, für die dieser Weltbürger par excellence und Europäer lange vor der ersten Stunde europäischer Einigung – er war in Paris geboren, in England er zogen, in Deutschland gebildet – ein lohnendes Beispiel bildet, sowohl durch seine Wirksamkeiten in Belle Époque, Erstem Weltkrieg und Weimarer Republik als auch durch die unerschöpfliche Dokumentation seines Tagebuchs.