Während der Markt für Beratung boomt, werden diese Angebote aus wissenschaftlicher Perspektive zunehmend kritisch hinterfragt. Die Anfänge der Beratungspraxis liegen in der Frauen- und zivilgesellschaftlichen Bewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts und waren durch die vorherrschenden Diskurse der Zeit geprägt: Eugenik, Menschenökonomie und Erbhygiene. Die Kämpfe um ein demokratisches und professionelles Beratungsverständnis dauern bis heute an.

Die Autorin zeichnet die schwierige Professionsgeschichte der Erziehungs-, Sexual- und Berufsberatung bis heute nach und zeigt sowohl das subversive Potenzial der Beratung als auch ihre Verhaftung in Praktiken sozialer Disziplinierung und Kontrolle. Sie folgt wichtigen Stationen der Deutschen Geschichte seit dem Kaiserreich über die Weimarer Republik, die NS- und Nachkriegszeit bis hin zum demokratischen Aufbruch in den 1960er Jahren und der späteren Therapeutisierung. Dabei erschließt sie eine Fülle bislang unbekannter Quellen und legt so erstmals ein geschlossenes Konzept historisch-systematischer Beratungsforschung vor.