Das musikalische Theater des Ancien Régime gehorcht dem Paradigma des Spektakels. Feuerwagen, Flugmaschinen und die Naturgewalten halten Einzug auf die Opernbühne und sollen den Zuschauer in ein atemloses Staunen versetzen. Die spektakuläre Visualität ist Bestandteil der machtpolitischen Strategien des absolutistischen Hofes, bewirkt jedoch zugleich eine Destabilisierung des dem Barock zugeschrieben ›Imperialismus des Bildes‹, indem sie visuelle Ordnungen wie den rationalisierten Blick der Zentralperspektive oder die erfolgreiche Repräsentation von Herrschaft in Frage stellt. Das ›Draußen‹ der Szene wird hier noch nicht weggeschnitten, sondern im Gegenteil stets bewusst gehalten. Dadurch rückt die Theatralität des Theaters ebenso in den Vordergrund, wie sich der Zuschauer selbst als Mitproduzent erfährt. Dieser barocken Dialektik des Spektakels widmet sich der vorliegende Band. Aus interdisziplinären Blickwinkeln werden die historische Dimension der Praktiken des Spektakulären sowie Fragen der gegenwärtigen Aufführungspraxis erörtert.