Die Spurensuche dieses Buches geht dem „Positiven“ in Texten der Hochliteratur nach, das gerade dort – so die weitverbreitete Meinung (im Anschluss an ein Gedicht von Erich Kästner) – schmerzlich vermisst wird. Stattdessen, seit Homer und Aischylos, eine unendliche Reihe menschlicher Gewalttaten, verübt nicht selten an den Nächststehenden; Lüge, Verstellung und Rachsucht als Mittel der Machtausübung; Leiden und Tod der Schuldlos-Schuldigen, der Untergang der „großen“ Einzelnen, aber auch ganzer Völker, wie der Niedergang von menschlichen Gesellschaften infolge innerer Fäulnis. Ganz abgesehen von der ebenso durchgehenden literarischen Thematik des „memento mori“, der allgemeinen menschlichen Todesverfallenheit.
Reflektiert wird diese „Dunkelwelt“ unter dem Begriff des Tragischen (im Aufblick nach einem „Oberen“) und dargestellt wird sie in literarischen Texten unterschiedlicher Gattung vornehmlich in zwei Erscheinungsformen: Der entzweienden Geschichte und der „dämonischen“ Entmächtigung der personalen Freiheit.
Und dennoch erbringen die gleichen literarischen Textsorten auch die Zeugnisse für ein „gutes Ende“ menschlicher Konflikte und Bedrängnisse, indem sie die Bedingungen offen legen, die hierfür nötig und möglich sind. Literatur erweist sich somit als legitime Teilnehmerin an einem zu jeder Zeit offenen anthropologischen Grunddiskurs – im Medium der Sprach-Kunst. Durch die Vielgestalt der existentiellen Beispiele wird der Leser in diesen einbezogen.