Politik handelt wesentlich von Körpern: Sie regiert und hierarchisiert Körper, sie unter-scheidet jene Körper, die öffentlich sprechen dürfen, von solchen, die nicht vernehmbar sind. Der vorliegende Band geht der Frage nach, inwieweit es produktiv ist, in der aktuellen Renaissance des „Körper“-Begriffs in verschiedenen Sozial- und Geistes-wissenschaften (d. h. dem bisweilen so genannten „corporeal“ oder „body turn“), die phänomenologische Unterscheidung zwischen „Leib“ und „Körper“ bzw. die „korporale Differenz“ terminologisch und systematisch einzusetzen.

Ziel ist dabei nicht der Nachweis einer Überlegenheit phänomenologischer Theoriebildung, der diese Differenzierung entstammt, als vielmehr, mögliche Reduktionismen zu unterlaufen, zu denen ein allzu schlichter, aufs Physiologische begrenzter Körperbegriff verführen kann sowie theoretische Differenzen sichtbar zu machen, die ein solcher Körperbegriff eher verdeckt als herausarbeitet.

Diese grundsätzliche methodische Frage wird im vorliegenden Sammelband auf verschiede-nen thematischen Feldern bearbeitet: Im Hinblick auf Naturphilosophie und Anthropologie, in den politischen Regimen von Rassismus und Nationalsozialismus, in systematischer Auseinandersetzung mit dem Begriff der Öffentlichkeit, politischen Affekten und Rhythmen sowie mit Anleihen aus Gendertheorie, Literaturwissenschaft und Bioethik.
Damit wird Band 2 der Reihe „Kulturen der Leiblichkeit“ vorgelegt, die Arbeiten aus dem gleichnamigen DFG-Netzwerk publiziert. Vorausgegangen ist ein Band zur Frage der Leiblichkeit der Sprache („Leib und Sprache. Zur Reflexivität verkörperter Ausdrucksfor-men“, hrsg. von E. Alloa und M. Fischer, Velbrück 2014).