Wie kaum ein anderes Phänomen hat die Frage nach der Legitimität der Selbsttötung, die in ihrer letzten Konsequenz immer eine Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen ist, Gesellschaften gespalten. Im 18. Jahrhundert erfährt diese Diskussion wesentliche Impulse ebenso wie sich im Geiste der Aufklärung ein Wandel im literarischen Raum vollzieht. Aufbauend auf dem Verständnis, dass Literatur sich als Resonanzraum außerliterarischer Diskurse verstehen lässt und zugleich selbst diskursschaffend ist, stellt sich aus der Zusammenführung beider Entwicklungslinien die Frage, wie das Motiv der Selbsttötung von den Literaten des Aufklärungsjahrhunderts gestaltet wurde. Die Studie leistet somit einen Beitrag zur Geschichte der Selbsttötung unter Perspektive einer literaturwissenschaftlichen Motivanalyse und legt hierbei ein theoretisch expliziertes Verständnis des Motivbegriffs vor, innerhalb dessen das Motiv nicht ausschließlich als ein handlungsführendes und strukturbildendes Element verstanden wird, sondern darüber hinaus strukturell durch die Gattung bestimmt in den jeweiligen Kontextualisierungen Auskunft über kollektive Denkformen und kommunikative Konventionen gibt.