Der Stummfilm der Weimarer Republik setzte sich kritisch mit den Normen und Werten einer Gesellschaft auseinander, deren Eliten ihn als Massenkulturprodukt ablehnten und deren Gros ihn gierig verschlang. Er hinterfragte ihre bürgerliche Fassade und distanzierte sich mit konstruktiver Ironie und produktiver Skepsis von ihren tradierten (Geschlechter-)Rollen und Identitätsmustern. Seine stumme Botschaft erreicht uns heute wie eine Flaschenpost von einem zeitlich zwar fernen, psychologisch jedoch nahen Ufer, und fordert uns heraus, sie in die Sprache unserer eigenen Gegenwart zu übersetzen.

Im Akt dieser metaphorisch zu verstehenden Übersetzung entdeckt man die unvermutete Aktualität des Weimarer Stummfilms als einer globalen Kunstform, die Sprachbarrieren überwunden, Menschen verschiedenster Kulturhorizonte bewegt und das Trauma des nie vollendeten Turms von Babel geheilt hat. Der Stummfilm der Weimarer Republik leuchtet uns aus naher Zeitferne mit einer betörenden Kraft entgegen, die nur echter Kunst eigen ist.