Die Komplexität der thermochemischen Energiespeicherung (TCES) besteht darin, dass ein Speichermaterial nie getrennt von einer Anwendung, und eine Anwendung nie getrennt von einem Speichermaterial betrachtet werden kann. Mit den in dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen, entwickelten Bewertungssystematiken und aufgebauten Laboranlagen können nun neue Anwendungsfelder der thermochemischen Energiespeicherung untersucht, bewertet und miteinander verglichen werden.

Aus der Vielzahl der möglichen Anlagen– und Systemkonzepte wird in dieser Arbeit ein Konzept mit offener Prozessführung Wasser und Speichermaterialtransport betrachtet, welches mittels einer reversiblen Gas–Feststoffreaktion eine Langzeitwärmespeicherung ermöglicht. Dieses Konzept grenzt sich von den bisher in der Literatur beschriebenen Konzepten vor allem dadurch ab, dass bei einer Gas–Feststoffreaktion ein Speichermaterialtransport umgesetzt wird. Bisher realisierte Systeme betrachten bei einer Trennung von Reaktion und Bevorratung nur flüssigkeitsbasierte Speichermaterialien.

Parallel zur Herstellung von Speichermaterialien wurde eine Laboranlage zur Untersuchung von Gas–Feststoffreaktionen aufgebaut. Mit dieser Versuchsanlage kann das Hydratationsverhalten verschiedenster Gas–Feststoffreaktionen untersucht werden. Ein numerisches Reaktormodell in der Simulationsumgebung TRNSYS wurde anhand eines Labordemonstrators validiert. Die anschließenden Jahressimulationen verschiedener thermochemischer Energiespeichersysteme für die solare Gebäudebeheizung zeigen die Vorteile des neu entwickelten Speicherverfahrens.

Mittels einer Lebenszyklusanalyse wurde das neue Anlagenkonzept ökologisch bewertet. Die Bewertungsindikatoren der TCES–Systeme in allen Gebäuden sind in vergleichbarer Größe zu einer großen Kombianlage gleicher Dimensionierung. Durch die betrachteten solaren Heizungsanlagen wird ein erheblicher Anteil an Primärenergie sowie CO2–Emissionen im Vergleich zu einer fossilen Gebäudebeheizung eingespart und damit auch ein deutlich geringerer ökologischer Fußabdruck hinterlassen. Ein ökologischer Vor- oder Nachteil lässt sich für den untersuchten Anwendungsfall der hier beschriebenen TCES–Systeme im Vergleich zu der große Kombianlage nicht ableiten.

Die Vollkostenrechnung der untersuchten Heizungsanlagen zeigt, dass TCES–Systeme vergleichbare Kosten zu Gasbrennwertgeräten aufweisen. Je nach Anlagengröße eines TCES–Systems können Vollkosten von nur 3 Cent/kWhWärme über der eines Gasbrennwertgerätes realisiert werden.

In dieser Arbeit wird erstmals ein ganzheitliches Bewertungssystem für die thermochemische Energiespeicherung am Beispiel der solaren Gebäudebeheizung erarbeitet. Es umfasst eine Speichermaterialuntersuchung, thermische Bewertung mittels Jahressimulationen unter transienten Randbedingungen bis hin zu einer Lebenszyklusanalyse und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der gesamten Heizungsanlage.