'Lyrik als Klangkunst' zu verstehen heißt, Gedichte als gestaltete sprachliche Materialität zur Geltung kommen zu lassen. Die Klanggestalt der Texte wird dabei nicht hermeneutischen Prozessen unterworfen als sinnliches Außen eines eigentlichen Inneren, als Form eines Inhalts oder als Signifikant eines Signifikats. Lyrik als Klangkunst zu verstehen bedeutet vielmehr, Pfade jenseits dieser dichotomen Strukturen zu suchen, die unser Denken, Handeln und Urteilen dominieren, wo es um Klang geht, der nicht Musik, sondern Sprache ist.
Die vorliegende Studie geht diesen Versuch zum einen theoretisch an, indem sie die Marginalisierungstradition sprachlicher Klanglichkeit nachverfolgt, zum anderen praktisch, indem sie das Potenzial sprachklanglicher Analysen am Beispiel von Goethes Gedichten Wandrers Nachtlied und Wandrers Nachtlied. Ein gleiches auszuloten versucht. Daran schließt sich die Frage an, welche Rolle die Klanggestalt dieser Gedichte in ihren Vertonungen spielt, die nun als materiale Dopplungskonstellationen einer ganz neuen Bewertung bedürfen.