Auch 70 Jahre nach dem Holocaust hat sich in Deutschland noch immer kein flächendeckender
Konsens über die Unteilbarkeit der Menschenrechte durchgesetzt.
Antisemitismus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit sind besorgniserregend
weit verbreitet. Ein Viertel der Deutschen sind antisemitische Israelkritiker, bei
denen juden- und islamfeindliche Einstellungen miteinander Hand in Hand gehen,
und deren (scheinbare) Parteinahme für die Palästinenser ihnen letztlich
nur als Mittel dient, "das wahre Gesicht der Juden" zu entlarven. Gut ein Zehntel
vermeidet es, Kritik an der israelischen Politik zu üben, "weil man ja nicht sagen
darf, was man über die Juden wirklich denkt", und selbst jenes Viertel der Deutschen,
das der Politik Israels wohlwollend gegenübersteht, tut dies oft nur, um
selbst vor der Welt gut dazustehen.
Jedoch kritisieren immerhin vier von zehn Deutschen die israelische Politik deshalb,
weil sie für die Menschenrechte eintreten, Antisemitismus und Islamophobie
gleichermaßen ablehnen und eine Politik verurteilen, die nicht nur den
Palästinensern Unrecht antut, sondern auch Israel von innen heraus zu zerstören
droht. Auch sie des Antisemitismus zu verdächtigen, kann weder im Interesse Israels
noch im Interesse der in Deutschland lebenden Juden sein.