Masuren – der im nördlichen Polen gelegene Landstrich stellt mit seinen sich überlappenden nationalen Identitäten ein Paradebeispiel einer multikulturellen und multikonfessionellen historischen Kulturlandschaft dar, die sich in besonders eindrucksvoller Weise in der Literatur widerspiegelt. Agnieszka Grochocka trifft eine Auswahl deutscher und polnischer Autoren aus dem 19. und 20. Jahrhundert und stellt anhand ihrer Werke die verschiedenen Deutungsmuster des Masuren-Mythos vor – seine Entwicklungsphasen vom Kindheitsparadies bis zum untergegangenen „Atlantis des Nordens“. Deutlich wird dabei auch seine Funktion als Identifikationssymbol in einer sich über Jahrhunderte hinweg ethnisch verändernden Bevölkerungsstruktur dieser Region. Außerdem zeigt sich, wie die masurische Landschaft durch die gezielte Stilisierung Masurens zu einer intakten und naturbelassenen Gegenwelt mythisch verklärt wird. Die damit verbundenen Vorstellungen von Reinheit, Ursprünglichkeit und Unberührtheit der Landschaft prägen das Bild Masurens bis heute: als Gegenentwurf einer zerstörerischen modernen Zivilisation.