Zu Beginn dieser Arbeit über Macht und Herrschaft in Organisationen steht die Maxime von Willi Bleicher, eines bedeutenden Metallarbeiterführers (geboren 27. Oktober 1907): „Du sollst dich nie vor einem lebendigen Menschen bücken“. In dem gleichnamigen Kurz-Dokumentarfilm „Du sollst dich nie vor einem lebenden Menschen bücken! – Willi Bleicher“ von Hannes Karnick und Wolfgang Richter beschreibt Willi Bleicher persönlich, wie er zu dieser Erkenntnis kam: Willi Bleicher, der bereits 1923 in den Metallarbeiter-Bund eintrat, wurde im Betrieb von einem Schlossermeister gerufen. Da in diesem Moment der Betriebsleiter die Abteilung betrat, wartete er, bis der Betriebsleiter die Abteilung wieder verlassen hatte, bevor er den Schlossermeister tatsächlich aufsuchte. Daraufhin fragte der Schlossermeister nach dem Grund des Wartens. Bleicher erklärte, dass es negative Auswirkungen haben könnte, wenn er mit dem Gewerkschaftler zusammen steht. Daraufhin formulierte der Schlossermeister den oben zitierten Ausspruch.

Als Verhandlungsführer der IG-Metall stand Willi Bleicher ab dem Jahr 1950 nach eigenen Angaben immer wieder der Macht der Arbeitgeberverbände gegenüber. Der Ausspruch des Schlossermeisters begleitet ihn dabei sein Leben lang, denn die Macht des Gegenübers war in seinem Leben immer wieder spürbar

Diese Erzählung gibt einen Eindruck über die Macht und Herrschaftsverhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie sieht es im 21. Jahrhundert aus? Gibt es Macht und Herrschaft in Organisationen noch? Wenn ja, in welchen Formen? Ausgehend von den Führungskräften? Wie gehen die Machtempfänger damit um?

Von diesen Überlegungen ausgehend formuliert sich die zentrale Frage dieser Veröffentlichung, die sich auf das Management von sozialen Organisationen bezieht: Welche Strukturen benötigt eine machtbewusste und erfolgreiche Organisation und welche Anforderungen werden in diesem Zusammenhang an die Führungskräfte gestellt?