Im Februar 2022 feiert der große deutsche Erzähler, Filmregisseur, Fernsehpartisan und Ausstellungsmacher, der Theoretiker und Praktiker der Gegenöffentlichkeit (und heute des Gegenalgorithmus) Alexander Kluge seinen 90. Geburtstag. Was Kluges Arbeiten von Anfang an, seit Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle (1961) auszeichnet, ist die Bestimmung präziser Konfliktlinien in den Verwerfungen der Gegenwart. Die in diesem Band versammelten Aufsätze von Klemens Gruber gehen Kluges ästhetischen Verfahren nach, die aus den Arsenalen der Avantgarde, aus der Epoche des Stummfilms, der Montage, der Konstruktion stammen. Gezeigt wird, wie Bild und Schrift, Ereignis und Kommentar, avancierteste Medientechnik und alte Erzählweisen einander gegenübergestellt, re-kombiniert und anhand luzider Abweichungen wieder fruchtbar gemacht werden. Kluges strategische Vermögen, mit stupender analytischer Intuition und politisch-poetischem Geschick massenmediale Felder zu bespielen, ihnen modellhaft medienästhetische Entwürfe entgegenzustellen, erweisen die Aktualität avantgardistischer Gegenproduktion.