Nicht nur die Privatwirtschaft, sondern auch staatliche Hoheitsträger bedienen sich längst der Formen indirekter Anreize und Anstöße, sogenannter Nudges. Diese sollen ganz ohne rechtlichen Zwang den Einzelnen lenken, indem sie für ihn kaum merklich Einfluss auf seinen Willen nehmen. Diese Wirkweise bedarf einer gesamtsystematischen Perspektive, die es - unter Achtung der Interdisziplinarität des Ansatzes - erlaubt, eine grundlegende verfassungsrechtliche Frage zu erörtern. Dem Grundgesetz liegt die Vorstellung von der interdependenten Beziehung zwischen der Selbstbestimmung des Einzelnen und der Institution des demokratischen Rechtstaates zu Grunde. Erst mit Einnahme dieser Perspektive wird sichtbar, inwiefern das Nudging-Konzept mit der Vorstellung vom selbstbestimmt, autonom handelnden Menschen als Leitidee des Grundgesetzes vereinbar ist.