Der dritte Band einer ‚Geschichte professioneller Kontrolle’ untersucht die Entwicklung eines ständig wachsenden Psychiatrie-Komplexes. Nach einer langen Vorgeschichte beginnt sie staatsnah im langen 19. Jahrhundert mit forensischen Gutachten und dem Ausbau einer Anstalts-Psychiatrie. Um im 20. Jahrhundert auf psychoanalytischer Basis vielfältigen therapeutisch-ambulanten Alternativen zu folgen, die heute in einen breitgefächerten Psycho-Markt einmünden. Beispiele der Psychopathie, der Hysterie und der DSM-5 belegen Probleme der Klassifikation und psychiatrischen Theorie; das Versagen der Anstalten, Erfahrungen aus der Psychiatrie im ‚3. Reich’ und die ‚Antipsychiatrie’ begründen eine Psychiatrie-Reform. Auf deren medizinisch ausgerichteten Boden etablieren miteinander konkurrierende Nervenärzte, Kinder- und Jugendpsychiater sowie Psychotherapeuten eine ‚pastoral’ gesinnte, ambivalent zu bewertende Kontroll-Landschaft, die, im allgemeinen Commonsense verankert, uns in eine ‚therapeutische Gesellschaft‘ einbinden kann.