Das Buch widmet sich der unauflösbaren, mythischen Verknüpfung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Fotografie, die ihr medienspezifisches Musterbeispiel im »Fotobuch« gefunden hat. Als Ausgangspunkt dient der 1991 erschienene Bildband L’Amérique furtivement des französischen Fotografen Henri Cartier-Bresson. Anhand dessen Publikations- und Ausstellungsgeschichte wird nachgezeichnet, wie Cartier-Bressons Amerika-Bilder Ende des 20. Jahrhunderts zwar eine Revitalisierung erfahren, eine breitere Rezeption jedoch ausbleibt. Die marginalisierte Auseinandersetzung mit Cartier-Bressons Amerika-Bild ist ein Spiegel des ambivalenten Verhältnisses zwischen dem französischen Fotografen und den Vereinigten Staaten: zwar wird er hier früh in Ausstellungen präsentiert, seine Fotografien von Amerika werden jedoch nie Teil des Kanons einer »amerikanischen Fotografie«.
Vor diesem Hintergrund zeichnet der Autor die Rahmenbedingungen dieser »Verkennung« nach, die sich zum einen im Mythos des »decisive moments« verorten lässt, der als fotografisches Konzept Cartier-Bressons Œuvre überstrahlt. Zum anderen wird der insbesondere US-amerikanische Diskurs der »American Photography« sichtbargemacht, dessen Inanspruchnahme der Fotografie als ein nationales, amerikanisches Medium »Regeln« und Narrative entwirft, in die sich Cartier-Bressons Reportage-Fotografie nicht einpassen lässt.
Die Arbeit mündet in einer Auseinandersetzung mit Susan Sontags Essay-Sammlung On Photography (1977), deren Texte als paradigmatische Stimme dieses Diskurses den Mythos einer amerikanischen Fotografie einerseits aufgreifen und bestätigen, sowie andererseits eine intellektuelle Rede zur Schau stellen, deren populär gewordene Lesart »gegen« Fotografie eine exklusive Kritik am Fotobuch/Bildband ist, die in diesem Buch erstmals herausgearbeitet wird.