Das Horrorgenre ist reich an Furcht einflößenden Stilmitteln, die unheimliche Szenerien und Schauplätze des Grauens generieren. Doch warum literarisieren die Autoren den Raum in spezifischer Form und welche Funktionen haben spezifische Typen von erzähltem Raum im Rezeptionsprozess? Die produktionstheoretischen Anforderungen an horrorliterarische Raumkonzepte werden hier unter Berücksichtigung des Rezipienten systematisierend analysiert. Der ‚erzählte Raum’ wird als grundlegendes Element im Werkgefüge ausgewiesen, da ihn Autoren (un-)willkürlich zur Evokation spezifischer Wirkungen einsetzen. Nach einem mentalitätsgeschichtlichen Zugriff, der die Generierung des Genres aus der Verknüpfung des Kunstverständnisses und des Vernunftglaubens im 18. Jahrhundert erklärt, werden Erzählstrategien untersucht, die zeitgenössische Angstpotentiale durch die Gemüter der Leser transportieren. Neben einer Zusammenfassung der Konzepte ‚erzählten Raums’ als literaturwissenschaftlichem Terminus wird erstmals ein Konzept aus der Kriminalpsychologie auf eine literaturwissenschaftliche Fragestellung angewandt, um die subjektive Prägung der genannten Faktoren aufzufangen und zur Strukturierung des Analyseverfahrens zu nutzen. Betrachtet werden deutschsprachige Horrorautoren des 20. Jahrhunderts – Gustav Meyrink, Walter Brandorff, Malte S. Sembten, Michael Siefener –, die mit Stephen King, Roland Topor, Jason Dark, Hans Henny Jahnn, Judith Hawkes, H. P. Lovecraft und vielen weiteren verglichen werden.