»Vielleicht ist es ja doch nicht ganz so sicher, dass man über das, worüber man nicht reden kann, schweigen sollte.« Zsófia Bán, die sich als Autorin subtiler, von Empathie und Formwillen durchdrungener Prosa einen Namen gemacht hat, beschreitet in ihren Essays viele Wege, um sich eine einzige Frage zu beantworten: Wie umgehen mit Verlusten, die nicht aufzuarbeiten sind? Mit dem Mangel an Wissen, mit dem Verleugneten und Verschwiegenen?
Eine Reise führt sie nach Terezín, die Kleinstadt in Tschechien, von Menschen bewohnt und dennoch mit »greifbarer, tastbarer, gespenstischer Leere gefüllt«. Sie weiß, dass ihre Mutter dort war und das KZ überlebt hat. Warum überfällt sie im Museum dennoch die Angst, ihr auf einem Bild zu begegnen? Weil Fotos etwas zeigen, was wir nicht wissen, nur erahnen können?
Es ist dieses Verhältnis von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, es sind die Leerstellen, die »Orte des Mangels«, die unüberschaubaren Wissenslücken und die von ihnen verursachte Melancholie, denen Zsófia Bán in ihren Lektüren von Sebald, Nádas und Kertész, in Auseinandersetzung mit Filmen und theoretischen Entwürfen auf die Spur kommen will.
Inspirierte Leserin und unerbittliche Kritikerin der ungarischen Verhältnisse, findet sie einen Ausweg in der »negativen Befähigung«: einer Haltung, die es erlaubt, im Zustand der Unsicherheiten und Zweifel die Vitalität des Widerstands und des self empowerment zu finden.