Das mittelalterliche Thüringen ist eine literaturgeschichtlich herausragende Region: Der Landgrafenhof Hermanns I. zog namhafte Dichter wie Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach an, im 15. Jahrhundert entfaltete Johannes Rothe in Eisenach seine produktive schriftstellerische Tätigkeit. Neben der literarischen Produktion in Thüringen steht eine umfangreiche Rezeption von Literatur, die in anderen Regionen entstanden ist.


Wolfgang Beck arbeitet in diesem Band die Überlieferungsgeschichte – nicht Literaturgeschichte! – der volkssprachigen mittelalterlichen Literatur in Thüringen auf. Gestützt auf eine für diese Untersuchung entwickelte Darstellung der Kennzeichen ostmitteldeutsch-thüringischer Schreibsprache analysiert Beck ca. 240 Handschriften, in denen insgesamt ca. 150 Werke der deutschen Literatur des Mittelalters überliefert sind. Orientiert am erweiterten Textbegriff, unter Einschluss auch der geistlichen Literatur und der pragmatischen Schriftlichkeit, bietet die Arbeit eine textexterne Überlieferungsgeschichte des mittelalterlichen Kulturraums Thüringen, die sich auf die empirisch nachweisbare Existenz von Literatur in dieser Region stützt.