Chaos steht selten als Erkenntnisobjekt der Wissenschaften im Fokus. Überwiegend dient der Begriff als Metapher für zu überwindende, unhaltbare Zustände. Die naturwissenschaftliche Chaostheorie beschäftigt sich mit der Erfassung schwer vorhersehbarer, komplexer Vorgänge. An einer Reflexion produktiver Eigenschaften und Potenziale von Chaos mangelt es hingegen. Dabei bezeichnet Chaos zunächst die Konfrontation des Menschen mit der vorbegrifflichen, noch nicht sprachlich geordneten und für ihn daher schwer erfassbaren Welt. Den Auswirkungen dieser Konfrontation gehen die Autorinnen und Autoren nach und beleuchten die Bedeutung von Chaos für die menschliche Psyche, deren neurologische Voraussetzungen sowie die Verarbeitung von Chaos durch Sprache, Denkstrukturen und gesellschaftliche Zusammenhänge. Chaos steht dabei für einen Möglichkeitsraum, der die menschliche Existenz und ihre ordnenden Denksysteme ständig herausfordert und bereichert. Es wird im Kontext von Subversion, neuen Sichtweisen und Reform sichtbar.