In der Zeit um 1500 erschienen zahlreiche lateinische Klassiker-Ausgaben mit aufwendigen Holzschnittillustrationen. Den Anfang machten die Komödien des Terenz in den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts. Als besonders produktiv auf diesem Gebiet gilt der Straßburger Drucker Johannes Grüninger, der in seinen Ausgaben von Terenz, Horaz, Boethius, Vergil und Plautus sehr unterschiedliche literarische Gattungen mit Holzschnitten ausstatten ließ.
Catarina Zimmermann-Homeyer untersucht erstmals Grüningers innovative Illustrationskonzepte aus kunsthistorischer Perspektive und arbeitet ihre jeweilige Prägung durch die beteiligten Gelehrten heraus. Vor allem für die Komödien des Terenz von 1496 offenbart sich in diesem spezifisch kunsthistorischen Blickwinkel ein ausgeklügeltes memoratives Bebilderungskonzept, dessen Einfluss innerhalb der Buchillustration sehr lange nachweisbar ist. Als Meisterwerk Grüningers gilt die reich illustrierte Ausgabe der Werke Vergils von 1502. Hier prägte der gelehrte Herausgeber Sebastian Brant die intellektuelle Aufbereitung von Text und Illustration, deren gegenseitige Verschränkung das Ergebnis neuester philologischer Forschung ist. In der kunsthistorischen Untersuchung der Bilderfolge zeigt sich, dass die Illustratoren unter Brants Supervision vor allem für die Holzschnitte zur Aeneis auf bekannte druckgraphische Vorlagen zurückgriffen, es finden sich motivische Zitate von Werken Albrecht Dürers oder Martin Schongauers sowie aus bekannten Buchillustrationen wie der Schedelschen Weltchronik.