Seit das Ende des Kommunismus auf 1990 festgeschrieben und der Unrechtsstaat DDR der Justiz übergeben wurde, inszenieren neue Institutionen, Stiftungen und Behörden auf Bundesebene den ökonomischen, kulturellen und moralischen Erfolg des Rechtsstaats. Dabei wird die Mehrheit der Neubürger mit Schockereignissen des krassen sozialen Wandels und der gesellschaftlichen Stigmatisierung konfrontiert. Konzepte wie «Transformation», «Modernisierung», «Demokratisierung» treten als Euphemismen auf, die über eine neoliberale Annexion der «Neuländer» hinwegtäuschen. Das Investmentprojekt «Aufschwung Ost» ist ein Laborfall der Globalisierung. Über eine Aufarbeitung der DDR im Totalitarismus- und Diktaturenvergleich hinaus ist eine politische Soziologie der Landnahme, des Gesellschaftsumbaus und des strukturellen Kolonialismus in Ostdeutschland längst überfällig. Das Forschungsprogramm «Entkoppelte Gesellschaft. Liberalisierung und Widerstand in Ostdeutschland seit 1989/90. Ein soziologisches Laboratorium» will im dreißigsten Jahr der «Einheit» diesem Thema mit einer mehrbändigen Publikation Rechnung tragen.


Mit 13 Fallstudien bildet der Band «Tatbestände» das empirische Fundament des Gesamtprojekts «Entkoppelte Gesellschaft». Es handelt sich hierbei um sozialwissenschaftliche Studien jüngeren Datums, in denen die Tatbestände der Verwerfung, Abwicklung und Löschung in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft Ostdeutschlands offen gelegt, wie auch in der Konsequenz dessen die sozialen, kulturellen und regionalen Beschädigungen diagnostiziert und gesellschaftstheoretisch analysiert werden.