Mit der Entdeckung seiner Lichtempfindlichkeit im Jahr 1873 gerät das chemische Element Selen plötzlich in den Blick von Forschern und Erfindern aus den unterschiedlichsten Bereichen. Einen festen Platz hat es in der Geschichte des frühen Fernsehens, weil damit das Licht der Bilder in telegrafisch übertragbaren Strom umgewandelt werden kann. Johannes Hess zeigt, dass diese Fernsehgeschichte nur ein Teil einer verzweigten Geschichte ist - einer Materialgeschichte des Selens. Nicht Personen, Institutionen oder Technologien spielen hier die Hauptrolle, sondern das Material selbst. Der Weg des Selens führt dabei in einem Zeitraum von 1870 bis 1930 von Chemiefabriken durch elektrophysikalische Labore und Erfinderwerkstätten bis in die Ateliers von experimentellen Künstlern. Dabei überwindet diese Geschichte mühelos vermeintliche Diskursgrenzen und kann anhand der Wanderung des Materials zeigen, wie eng verwoben Industrie, Wissenschaft, Technik und Kunst sind.