Band 1: Historische und aktuelle Sondierungen autobiografischer Selbstartikulation
Jürgen Straub erörtert Kernfragen einer Theorie personaler narrativer Identität und schickt die Leserschaft auf eine Reise, die von Montaigne bis Ricœur, von Nietzsche bis in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts führt. Die anhand empirischer und theoretischer Analysen von Selbst-Geschichten erörterte Identitäts- und Erzähltheorie zeigt, dass Identität als eine offene Struktur aufgefasst werden muss, in der es keine unantastbaren Festlegungen geben kann. Diese Identität kann von der Totalität abgegrenzt werden. Im einführenden Beitrag erörtert der Autor auch die totalitäre Idee einer imaginierten Gemeinschaft, die gegenwärtig in der Neuen Rechten Hochkonjunktur hat.

Das Selbst entsteht in einer soziokulturellen Praxis, in der das Geschichtenerzählen essenziell ist. Wir alle erzählen uns immer wieder neu. Im Lauf der Zeit ändert sich der Blick auf unser gelebtes und das noch erwartete Leben. Was dabei stets gleich bleibt, ist die zutiefst menschliche Tatsache, dass wir auf Anerkennung angewiesen sind. Im Erzählen verwandeln wir leibliche Erlebnisse in mitteilbare Erfahrungen, wodurch wir andere an unserer Existenz teilhaben lassen. Dabei gewinnen wir Einsichten in unser Leben, verstricken uns aber auch in Selbsttäuschungen. Selbst-Erzählungen bilden den Boden, auf dem nicht nur das Selbstgefühl des Individuums, sondern auch seine Beziehungen gedeihen können.

Band 2: Begriffsanalysen und pragma-semantische Verortungen der Identität
Wir alle erzählen uns immer wieder neu und bilden auf diese Weise unsere personale Identität beständig um. Paradoxerweise können wir uns nur dadurch erhalten, dass wir uns fortlaufend verändern. Die personale Identität spätmoderner Subjekte ist eine extrem dynamische, in sich differenzierte Struktur. Diese durch Offenheit charakterisierte Form der kommunikativen Selbstbeziehung einer Person wird im vorliegenden Buch eingehend analysiert. Dabei zeigt sich nicht zuletzt: Der spätmoderne Identitätsbegriff passt zu den liberalen, demokratischen Gesellschaften, in denen er entstanden ist. Personale Identität ist ein Politikum. Viele Eigenheiten, auch die ethischen und moralischen Fundamente unseres heutigen Lebens, blieben ohne Bezugnahme auf diese eigentümliche Selbst-Form der transitorischen Identität unverständlich.

Jürgen Straub erörtert Kernfragen einer Theorie personaler narrativer Identität. Dabei setzt er sich mit zahlreichen AutorInnen auseinander, die die theoretische Debatte bis heute prägen und bereichern. Zu ihnen gehören etwa William James, George H. Mead, John Dewey oder Hans Joas, Charles Taylor, Paul Ricœur, Harry Frankfurt, Käte Meyer-Drawe und natürlich Sigmund Freud, Erik H. Erikson, Heinz Kohut sowie andere Größen der Psychoanalyse.

Band 3: Zeitdiagnostische Klärungen und Korrekturen postmoderner Kritik
Der Begriff der personalen Identität ist seit langem heiß umkämpft. In der Postmoderne versuchen zahlreiche KritikerInnen das diffuse Konzept zu verwerfen und loszuwerden. Es sei, so sagen sie in spektakulären Zeitdiagnosen, hoffnungslos überaltert. Es habe seine Passform für unsere Gegenwart verloren. Die anachronistische Idee der Identität sei außerdem moralisch zweifelhaft und politisch prekär, weil sie Einzelne in ein stahlhartes Gehäuse einsperre. Dort regierten Disziplinar- und Kontrolldispositive, für die eine Leid erzeugende, körperliche Bedürfnisse, sinnliche Begehren und leidenschaftliche Wünsche unterdrückende Vernunft verantwortlich zeichne. Von der Emanzipation und Autonomie dieser unterworfenen, abhängigen Subjekte könne keine Rede mehr sein.

Jürgen Straub widerspricht dieser Zeitdiagnose entschieden. Er befasst sich mit empirischen Defiziten, begrifflichen Ungereimtheiten und theoretischen Inkonsistenzen, aber auch mit normativen Problemen der grassierenden Kritik an Identitätstheorien. Dabei setzt er sich mit prominenten VertreterInnen dieser Kritik auseinander, etwa mit Kenneth Gergen, Hubert Hermans und Harry Kempen, mit Wolfgang Welsch oder Heiner Keupp. Es zeigt sich, dass klassischen VertreterInnen des identitätstheoretischen Denkens – etwa Erik H. Erikson oder Jürgen Habermas – häufig unhaltbare, mitunter groteske Vorwürfe gemacht wurden. Dies schützt allerdings weder diese noch andere AutorInnen vor berechtigten Einwänden, denen eine hinreichend komplexe, zeitgenössische Theorie des erzählten Selbst und personaler Identität vorzubeugen hat.