Denkmäler sind Sinnbilder der Macht mit expliziter und simpler, wenn auch nicht universeller Botschaft. Die Statue als zentrales Element eines Platzes hat in Estland keine Tradition, und die wenigen Beispiele dafür scheinen allzu häufig Zeugnis kultureller Deplatzierung und Fremdkörper im Stadtbild zu sein. Aufgrund dieser semantischen Lücke im baltischen Staat richtet sich der Fokus in dieser Publikation auf andere, weniger aufmerksamkeitserregende Architekturen: eine Treppe an einem historisch bedeutsamen Ort; ein Fussweg, der symbolische Bedeutung erhält. Anstelle der expliziten Botschaft in Marmor und Bronze wird eine implizite Aussage getroffen. Sie ist visuell vielleicht schwächer und doch bedeutungsvoller, denn was nur implizit ausgedrückt wird, kann nicht öffentlich infrage gestellt werden.
Diesem Thema widmet sich der estnische Pavillon auf der Architekturbiennale Venedig 2018. Das dazu erscheinende Buch ergründet die Grenze zwischen explizit politischer Funktion eines Denkmals und alltäglicher Architektur. In Gegenüberstellungen von Fotografien und Zeichnungen vergleicht es klassische Denkmäler mit scheinbar banalen architektonischen Details und öffentlichen Räumen. Die Essays und Kurztexte gehen den verschiedenen Bedeutungsebenen in der Architektur öffentlicher Räume nach und ergründen die Schnittstelle zwischen Architektur und Erinnerungskultur.