Gesichter sind soziale Medien. Wer wüsste besser, dass wir alle Schauspieler:innen unserer selbst sind, als Nutzer:innen von Instagram, Snapchat und Facebook? Am Gesicht lesen wir Identität ab und im Angesicht der anderen formen wir uns zu den Personen, die wir sind. Diese Interdependenz von Selbst und (Gesichts-)Bild hat mit der Erfindung der sozialen Medien an Dynamik gewonnen, aber sie ist nicht neu. Sie findet sich als zentrale Konfliktstellung in vielen literarischen Figuren des 19. Jahrhunderts, die sich auch heute noch großer Popularität erfreuen: Dr. Jekyll and Mr. Hyde, Dorian Gray, Dracula. „Im Angesicht“ untersucht die Gesichts-Schreibungen dieser Romane vor dem Hintergrund sozialer und wissenschaftlicher Umbrüche des 19. Jahrhunderts und besonders der Revisionen realistischen Schreibens. Die phantastischen Gesichtsverdoppelungen charakterisieren das Gesicht als Arena ästhetischer wie anthropologischer Neubestimmungen und als solche sind sie bis heute aktuell.