Als das Zarenreich ab den 1860er Jahren Zentralasien eroberte, war die russische Öffentlichkeit davon überzeugt, dass man damit einer moralischen Verpflichtung nachkomme: die europäische Zivilisation in Asien zu verbreiten. Obwohl Russland selbst häufig als rückständig gesehen wurde, argumentierten russische Politiker und Publizisten, dass auch das Zarenreich die "Bürde des weißen Mannes" schultern müsse, mit der die europäischen Großmächte ihre Kolonialherrschaft in Asien und Afrika rechtfertigten.


Ulrich Hofmeister analysiert die Strategien, die zur vermeintlichen Zivilisierung Zentralasiens diskutiert wurden und stellt die russische Herrschaft in Zentralasien dabei in den Kontext des globalen Kolonialismus. Er zeigt, wie die russischen Zivilisierungsansprüche letztlich daran scheiterten, dass das Zarenreich nicht bereit war, Vorstellungen der Einheimischen zu berücksichtigen, und stattdessen auf seiner kolonialen Vormachtstellung beharrte. Dennoch diente die Idee einer Zivilisierungsmission bis in die Sowjetzeit hinein als Rechtfertigung für die koloniale Beherrschung Zentralasiens.